Im Garten ticken Uhren und Menschen anders
Ein kurzer Besuch auf der eigenen Selbsternte-Parzelle lässt die Zeit zwar nicht stillstehen, aber kein Blick fällt auf die Uhr am Handgelenk und nach wenigen Minuten ist vergessen, dass gegen Ende des Sommers der Abend merklich früher hereinbricht.
…nur ein bisserl auf die Selbsternte-Parzelle schauen – bin gleich wieder da. Geplant ist, ein paar schöne Paradeiser und ein wenig Basilikum zu ernten. Ein kurzer Blick über die Gemüsereihen und die bunten Blumenflecken dazwischen reicht: alles im grünen Bereich. Selbst der letzte kurze, aber heftige Gewitterregen und die heißen Tage danach haben keinen wirklichen Schaden angerichtet.
Da hängen doch schon wieder reife Fisolen im Blattwerk! Die Haupternte war im Juli und üppig dazu. Ich beginne mein Erntevorhaben etwas zu erweitern. Der Korb füllt sich. Wo auf den ersten Blick auf jeder Pflanze nur wenige Fisolen sichtbar waren, kommen bei näherem Hinsehen und vor allem beim Hochheben des Buschwerks ganze Fisolenhorden zum Vorschein. Blüten gibt’s auch noch jede Menge, also noch kein Ende in Sicht!
Auf halbem Weg von den Fisolenreihen zu den Paradeisern stehen die beiden Melanzanipflanzen. Der heurige Sommer ist der ihre. Jede der beiden Pflanzen präsentiert eine stattliche Anzahl von tiefvioletten Auberginen in verschiedenen Größen. Die Mulchschicht rund um die beiden gehört dringend erneuert, stelle ich fest. Das bereits verdorrte Grünzeug rund um die kleinen Stämme der Melanzani – ehemals Jätrückstände – ist auf eine millimeterdünne Schicht zusammengeschrumpft. Die beiden Grazien brauchen auch dringend Wasser in Form eines lauwarmen Fußbades. Ich gehe die Gießkanne holen. Das abgestandene Wasser ist nun eigentlich zu warm von der Nachmittagssonne. Kaltes Wasser dazumischen und retour ins Nachtschattenrevier. Frisches Mulchmaterial sammeln, der Mangold ist in Reichweite. Viel zu dicht ist er wieder aufgegangen. Die unteren, bereits vergilbenden Blätter bieten sich für das Mulchvorhaben bestens an.
Während dieser Putzaktion in der Mangoldreihe wächst wieder der Vorsatz: nächstes Jahr wird der Mangold im Frühsommer auf alle Fälle auf mindestens 10 – 15 cm ausgedünnt. Der Vorsatz ist aber nicht neu. Im Vorjahr waren es wahrscheinlich „mindestens 20 – 25 cm“. Aber ich kenn mich ja: die zarten Mangoldpflänzchen stehen Anfang Juni „brav“ alle 2 – 4 cm nebeneinander, ich bin froh, dass sie nun da sind und eine Handspanne nackter Boden erschiene mir dann einfach zu viel an brutaler Leere. Daher: jedes Jahr 1 Reihe Mangold -“Gewurschtel“ .
Eigentlich sollte ich auch gleich einen großen Bund frisch-grüner Mangoldblätter für den nächsten Strudel ernten. Aber wohin damit? Und was ist dann mit den Fisolen? Die Mulch-Mangoldblätter müssen jetzt zu den Melanzani und die eigentliche Mangoldernte muss auf übermorgen verschoben werden.
Der Boden rund um die edlen Auberginen wird mit der kleinen Kralle etwas gelockert, mit dem lauwarmen Wasser gut gegossen und dann mit den gelben Blättern rundum abgedeckt. Wenn das nun die Melanzanifrüchte nicht goutieren! Ernte ist demnächst!
Nun endlich zu den Paradeisern. Auf den ersten Blick ist sofort klar, das werden heute wohl mehr als ein paar Paradeiser. Von den Fleischparadeisern – z. B. den „German Gold“ oder der „Berner Rose“ können ja schon ein oder zwei Stück einem „Normalesser oder einer Normalesserin“ ganz schön zusetzen. Diesmal nehme ich nur die ganz besonders fotogenen, reifen Paradeiser mit – denn ich brauche neue Fotos für die Homepage. Aber da sind auch noch die überaus würzigen „Black Cherry“ – Paradeiser und die fast cremigen „Orange Valencia“ reif. Eine kurze Kostprobe und ich bin „gezwungen“ auch davon etliche zu ernten. Der Korb reicht nicht mehr. Ein Teil der Fisolen wandert in die Jackentasche. Zwei schöne Gurken versuchen sich unter den Blättern schlank zu machen – werden aber entdeckt und kommen auch mit.
Noch schnell zum Basilikum. Diesmal soll’s das Purpurrote sein. Wieso hab ich im Mai die spätsommerliche Üppigkeit der Physalis so unterschätzt? Vom Roten Basilikum ist nicht mehr viel zu sehen. Damit dem Majoran nicht das gleiche Schicksal droht, stutze ich die benachbarte Physalis zurück und freue mich auf die hoffentlich bald reifen Früchte, die Andenbeeren, in wenigen Wochen. Bei der Gelegenheit muss ich auch bei sämtlichen anderen Physalispflanzen – heuer sind’s etliche! – nach den kleinen grünen Lampions Ausschau halten. Damit ich schon jetzt weiss, was mich erwartet. Von den Tomatillopflanzen lasse ich mich heute nicht länger ablenken. Die wachsen ohne Berührungsängste mit dem eingesäten Buchweizen vor sich hin und sind offenbar durch den Buchweizen und ein paar „versprengte“ Kornblumen besser als im Vorjahr vor Windbruch geschützt. Majoran und Basilikum brauchen auch lockeren Boden …und Wasser. Kralle holen, Gießkanne füllen…
Na bitte – jetzt dämmert’s schon. Wieso wird es draußen immer rascher dunkel, wenn ich eigentlich nur ein bisserl auf die Parzelle „schauen“ will … Irgendwie tickt da meine Uhr anders.